Weder demokratisch noch vielfältig - Zur Ideologie von DAVA

Im Januar diesen Jahres wurde DAVA – das Akronym für „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ – in Deutschland gegründet. Die Nähe zum arabischen Wort Da`wa, was religiöse, islamische Missionierung als Teil des Djihad bedeutet, ist dabei wohl kein Zufall.

DAVA ist bisher lediglich eine Wählervereinigung, beabsichtigt allerdings, bei den kommenden Europa-, Bundestags- und Kommunalwahlen als Partei anzutreten; ein Blick auf das bisher bekannt gewordene Personal zeigt die eindeutig ideologische Ausrichtung:

Auf Platz eins der designierten Kandidaten für die Europawahl steht Fatih Zingal. Zingal, Rechtsanwalt aus Solingen, ist ein früherer Funktionär der Union der internationalen Demokraten (UID, ehemals UETD). Platz zwei der Kandidatenliste für die Europawahl belegt Ali Ihsan Ünlü, Arzt aus Stadthagen, ein Vertreter des türkischen Moscheeverbandes DITIB. Dritter Kandidat für das Europaparlament ist Mustafa Yoldas, Arzt aus Hamburg, der sich über Jahre in der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IMGM) engagierte.

Die Organisationen, in denen die Kandidaten bisher tätig waren, verfolgen allesamt eine ideologische Linie, die weder mit Demokratie noch mit Vielfalt in Zusammenhang steht:

Die UID, in der sich Fatih Zingal engagierte, hat Niederlassungen in verschiedenen europäischen Ländern, in Deutschland wird sie vom Verfassungsschutz beobachtet, weil ihre Ziele nicht mit einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft vereinbar sind. Die Organisation verfolgt nach eigenen Angaben keine politischen Ziele. Sie kann allerdings als Vorfeldorganisation der Erdogan – Partei AKP bezeichnet werden: die UID vertritt die AKP – Interessen in den jeweiligen Ländern, sie organisiert Auftritte von AKP-Politiker:innen und macht dadurch Wahlkampf für Erdogan und dessen repressive Politik. Während der Gezi-Proteste veranstaltete die UID Solidaritätskundgebungen für Erdogan, der die Proteste brutal niederschlagen ließ.

Personell wie ideologisch gibt es Überschneidungen von UID und den faschistischen Grauen Wölfen. Deren Ideologie besteht u.a. in einer militanten Feindschaft gegenüber Kurd:innen, Juden und Jüdinnen und  Armenier:innen. Die Grauen Wölfe verfolgen das Ziel einen Panturkismus, sie streben ein türkisch dominiertes Reich an, das sich vom Balkan über Zentralasien bis ins chinesische Gebiet Xiangjiang erstreckt.

Ali Ihsan Ünlü war Funktionär von DITIB, der Türkisch-Islamischen Anstalt für Religion, der größten sunnitischen Organisation in Deutschland, bei der in Deutschland über 900 Vereine organisiert sind. DITIB ist dem Diyanet, unterstellt, der türkischen Religionsbehörde, die unter Erdogan stark ausgebaut wurde und die offiziellen religiösen Richtlinien vorgibt. Diyanet untersteht dem türkischen Präsidenten, beansprucht die Deutungshoheit über den Islam und grenzt sich von liberalen Islaminterpretationen ab. In Deutschland vertritt DITIB diese Linie: Die Organisation sieht das Kopftuch für Mädchen als verpflichtend an, besteht auf der Einhaltung strenger religiöser Regeln und steht für die Vorherrschaft des Mannes über die Frau. Diese Ideologie will DITIB auch bei Kindern verbreiten. In den Büchern für Kinder sollen diese schon in frühen Jahren zur Unterwerfung und fragloser Akzeptanz islamischer Vorschriften erzogen werden, bei Zuwiderhandlung wird ihnen mit Höllenqualen gedroht (s. Beitrag „Gehorsam, Unterwerfung, Normierung“ in diesem Blog). DITIB will Heranwachsende nicht zu mündigen Menschen erziehen, sondern dazu, die Vorschriften eines dogmatischen und ultrakonservativen Islam kritiklos zu befolgen und eine „islamische Identität“ zu entwickeln.

Der dritte Kandidat für das Europaparlament ist Mustafa Yoldas, der sich über Jahre in der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IMGM) engagierte. Zudem war Yoldas Vorsitzender der türkischen Hilfsorganisation IHH (Internationale Humanitäre Hilfsorganisation), die unter anderem aufgrund ihrer Spenden an die islamistische Hamas verboten wurde. Milli Görüs ist eine islamistische Bewegung und in verschiedenen Ländern aktiv. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht Milli Görüs als Organisation mit antidemokratischem Staatsverständnis, das die westlichen Demokratien ablehnt. Milli Görüs hatte vor Erdogan ein oppositionelles Verhältnis zum türkischen laizistischen Staat, unter der zunehmenden Islamisierung der Türkei haben sich der Staat und Milli Görüs allerdings angenähert.

Kritiklose und aktive Unterstützung des repressiven Erdogan – Regimes, türkischer Ultranationalismus und eine äußerst strenge, konservative Islamauffassung: Die Organisationen, bei denen sich das Spitzenpersonal der DAVA engagiert, stehen weder für Demokratie noch für Vielfalt.

Davon steht freilich nichts in den bisherigen Verlautbarungen: Im Zentrum steht für DAVA die Bekämpfung der Islamfeindlichkeit. DAVA spricht sich gegen „unsachgemäße Darstellungen des Islam“ aus, weshalb Inhalte in Schulbüchern „korrigiert“ und die öffentliche Verwaltung „islampolitisch mitgestaltet“ werden soll mit dem Ziel, ein „realistischeres und positiveres Bild des Islam“ zu verbreiten. Ein wirklich realistisch(er)es Bild vom Islam muss sich allerdings konsequenterweise auch mit den repressiven Verhältnisse in islamisch regierten Ländern auseinandersetzen: Hierzu gehören u.a. nicht vorhandene Religions- und Meinungsfreiheit, die Unterdrückung von Homosexuellen und Frauen sowie körperliche Strafen bis hin zur Todesstrafe, ebenso wie patriarchale Verhältnisse in streng islamischen Milieus, die zu Zwangsheiraten und Gewalt im Namen der Ehre führen können. Das ist wohl kaum beabsichtigt. DAVA geht es um den „Schutz des Islam“, wozu „die Einbeziehung von Feindlichkeit gegenüber Religionen, insbesondere Islamfeindlichkeit in den offiziellen Diskriminierungsschutz“, einbezogen werden soll – von Religionsfreiheit ist dabei nicht die Rede.

Im Bereich der Familien- und Geschlechterpolitik spricht sich DAVA gegen die „Gender-Ideologie“ aus, ist mit einer „pro-life“ – Position gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und betont den Schutz und die Wichtigkeit der Familie als Grundpfeiler der Gesellschaft. Positionen, wie sie auch die AfD vertritt.

Sozialpolitisch finden sich progressive Positionen wie die Überwindung der Kinderarmut, eine Erhöhung der Rente, Investitionen in Bildung und eine bessere Bezahlung von Pflegekräften.

Diese sozialpolitischen Standpunkte dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei DAVA um eine reaktionäre Organisation handelt. Im Kern verfolgt DAVA das Ziel, ihre reaktionären Vorstellungen von Islam in Schulen und Verwaltungen zu verbreiten, sich die Deutungshoheit über den Islam zu sichern und sich unter dem Deckmantel der „Bekämpfung der Islamfeindlichkeit“ gegenüber Kritik zu immunisieren.

Das Vokabular von DAVA ist anschlussfähig an scheinbar progressive Positionen, die sich antirassistisch engagieren und emanzipatorische Ziele verfolgen. Doch vertritt DAVA nicht eine marginalisierte und diskriminierte Minderheit, die Organisation hat das Ziel, nationalistische und konservative islamische Positionen in Schulen, Institutionen etc. und letztlich auch in den Parlamenten zu verbreiten.

Zu einem konsequenten Kampf gegen Rechts und für eine bunte und vielfältige Gesellschaft gehört auch das Engagement gegen türkischen Ultranationalismus und ultrakonservative islamische Organisationen. Das hat nichts mit Rassismus oder „Islamfeindlichkeit“ zu tun, sondern ist eine konsequente, auf Menschenrechte bezogene Haltung.

Bei den türkischen Präsidentschaftswahlen stimmten von den 1,5 Millionen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland mit 67% erheblich mehr Menschen für Erdogan als in der Türkei. Durch die Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes könnten in Zukunft mehr Menschen aus der Türkei in Deutschland wahlberechtigt sein mit der Folge, dass der Einfluss von Erdogan bis in die hiesigen Parlamente hinein reicht.

 

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