Religionskritik ist kein Rassismus

Geflüchtete aus islamischen Ländern sind häufig säkulare Muslim:innen oder Atheist:innen. Manche von ihnen gehören nichtislamischen Religionen wie dem Christentum an. Trotzdem werden sie meist als Muslim:innen wahrgenommen. Die Debatte über den Islam ist in den letzten Jahren zu einem emotionalen Thema in Deutschland geworden. Die einen - AfD & Co - hetzen gegen Muslim:innen, die anderen - Kulturrelativist:innen - idealisieren den Islam und immunisieren ihn gegen Kritik. Angeheizt wird diese "Debatte" durch die wachsende Präsenz von (ultra-) konservativen Islamverbänden in der deutschen Politik. Sie agieren meist als Lobbyist:innen des legalistischen Islamismus. In unserem neuen Blogbeitrag geht es um die Beschränkung der politischen Beteiligung von Religionskritiker:innen wie Ex-Muslim:innen.

Das Thema der religiösen "Beleidigung" hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Mit dem Zustrom von Migrant:innen und Flüchtlingen aus überwiegend muslimischen Ländern ist der Islam zu einem zentralen Thema in Debatten über Integration und Multikulturalismus geworden.

In den letzten Jahren hat die Beteiligung von Ex-Muslim:innenen  an der europäischen Politik deutlich zugenommen, wie  z.B. die schwedische Politikerin Amineh Kakabaveh und Abir Al Sahlani, Mitglied des Europäischen Parlaments. Viele dieser Personen haben sich offen von ihrem Glauben losgesagt und säkulare oder atheistische Überzeugungen angenommen. Diese wachsende Präsenz von Ex-Muslimen:innen in der Menschenrechtsarbeit hat neue Debatten und Diskussionen über religiöse Fragen in Europa eröffnet.

Doch in Deutschland ist der Weg in die Politik für Ex-Muslim:innen immer noch versperrt, was sich deutlich darin zeigt, dass ehemalige Muslim:innen daran gehindert werden, politischen Parteien beizutreten, und dass sie unter dem Vorwand, sie seien rassistisch, ausgeschlossen werden.

Ich persönlich habe an vielen Versammlungen verschiedener politischer Parteien in Nordrhein-Westfalen teilgenommen, und als ich über meine Erfahrungen mit dem Islam und den Preis, den ich aufgrund meiner Menschenrechtsaktivitäten gezahlt habe, sprach, einschließlich der Inhaftierung und des Versuchs, mich durch das islamische Gesetz zu töten, wurde ich als Rassist beschuldigt und war bei Parteiversammlungen nicht willkommen.

Der Eintritt von Ex-Muslim:innen in die Politik wird das Bewusstsein für die Herausforderungen schärfen, mit denen Apostat:innenen konfrontiert sind, und für die Notwendigkeit von mehr Unterstützung und Schutz für Personen, die sich dafür entscheiden, ihren Glauben zu verlassen.

Die wachsende Präsenz von Ex-Muslim:innen hat die Notwendigkeit einer offenen und ehrlichen Debatte über religiöse Fragen deutlich gemacht. Solche Diskussionen können zu einer besseren Sichtweise beitragen. Es ist jedoch wichtig, ein Gleichgewicht zwischen der Meinungsfreiheit und dem Gefühl der Wertschätzung aller Mitglieder der Gesellschaft zu finden.

Die Förderung der Beteiligung von Minderheiten, einschließlich der Ex-Muslim:innen am politischen Prozess kann dazu beitragen, eine integrative und vielfältige politische Landschaft zu schaffen und das Risiko der Marginalisierung und Entfremdung zu verringern.

Menschenrechtsaktivist:innen, die als islamkritisch wahrgenommen werden, sind mit Marginalisierung oder Ausschluss vom politischen Mainstream-Diskurs konfrontiert. Dies führt dazu, dass Stimmen zum Schweigen gebracht werden, die berechtigte Bedenken zu religiösem Extremismus, Radikalisierung und der Rolle der Religion im öffentlichen Leben äußern

Die Politiker:innen haben wenig Informationen, fürchten sich aber vor jeder Kritik, vor allem am Islam. Hier zeigt sich das Dilemma der Meinungsfreiheit. Denn hier, in diesem Beispiel, wird die Meinungsfreiheit nur anerkannt, wenn die Meinung positiv und unkritisch ist. Aber ist die Meinungsfreiheit nicht so, dass jede und jeder das Recht hat, seine Meinung zu äußern, egal ob positiv oder kritisch!

Für Politiker:innen und politische Parteien in Deutschland stellt die Frage der religiösen "Beleidigung" eine Reihe von Herausforderungen für die politische Beteiligung dar.

Die Angst, der religiösen "Beleidigung" bezichtigt zu werden, kann Politiker:innen und politische Parteien dazu veranlassen, unsere kritische Ansichten über den Islam selbst zu zensieren, was eine die öffentliche Debatte über wichtige Themen im Zusammenhang mit Integration und Multikulturalismus unterdrücken könnte.

Das Thema der übermäßigen Angst vor der Religion, insbesondere vor dem Islam, stellt in Deutschland eine komplexe Herausforderung für Politiker:innen und politische Parteien dar. Die Abwägung zwischen der Freiheit der Meinungsäußerung und der Notwendigkeit, religiöse Gefühle zu schützen, erfordert einen nuancierten und durchdachten Ansatz. Durch die Förderung einer inklusiven politischen Beteiligung können Politiker:innen und politische Parteien dazu beitragen, das Problem der "Angst" vor der Religion und deren Auswirkungen auf die politische Beteiligung anzugehen.

Es bleibt die Frage, wie Ex-Muslim:innen unterstützt werden können, wenn die Politiker:innen ihre Situation nicht kennen.

Yahya Ekhou ist Schriftsteller und Menschenrechtsaktivist und stammt aus Mauretanien. Er engagiert sich u.a. in der Säkularen Flüchtlingshilfe. Über seine Erlebnisse hat er das Buch “Freie Menschen kann man nicht zähmen” geschrieben.

 

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